Der Blog ist tot. Lang lebe der Blog!

Letzte Woche war ich zusammen mit meinen BloggerkollegInnen Kathrin von Elternplanet, Séverine von Mama on the Rocks und Martin von Pokipsie als Speakerin auf der WebStage Masters Conference, dem Schweizer Influencer Kongress. Zusammen haben wir uns in der „Let’s Talk Family“-Runde zahlreichen interessanten und kritischen Fragen gestellt. Eine Frage allerdings liess uns alle vier etwas verdutzt zurück, und zwar folgende:

„Also, habt ihr mit eurem Blog einen eigenen Ort im Internet, wo ihr eure Dinge alle reinschreibt? Wo ist der? Wie finde ich euren Blog, weil: Wenn ich auf Google etwas suche, stosse ich nie nie auf einen Blog…“

Nachdem ich mich von meiner anfänglichen Sprachlosigkeit erholt habe, sehe ich mich nun in der Lage, ja, sogar gezwungen, etwas vertiefter auf diese doch ziemlich kuriose Frage einzugehen, denn: Da besteht ganz offensichtlich Klärungsbedarf!

Was ist ein Blog? Eine Generationenfrage

Ein Blog ist per Definition ein auf einer Webseite geführtes und damit meist öffentlich einsehbares Tagebuch, in dem mindestens eine Person, also der Blogger, Aufzeichnungen führt, Sachverhalte protokolliert oder Geschichten und Gedanken niederschreibt und veröffentlicht. Unsere Leserinnen und Leser wissen, was ein Blog ist, ihnen müssen wir das nicht mehr erklären.

Da wir Blogger die Aufzeichnungen, Sachverhalte, Geschichten oder Gedanken in Wort und Schrift feshalten und diese meistens über ein paar Abschnitte hinweg, müssen unsere Botschaften, Inspirationen oder Informationen logischerweise gelesen werden (können), um verstanden zu werden. Natürlich bauen wir da und dort schöne Bilder in unsere Geschichten ein, weil auch wir wissen, dass die Bildsprache im Trend ist, doch mehrheitlich setzen wir immer noch auf das Interesse und die Fähigkeit, sich mit einem etwas längeren Inhalt auseinander setzen zu wollen bzw. zu können.

Und genau hier liegt der Hund begraben: Die heutige Jugend will offenbar gar keine längeren Inhalte mehr lesen. Mangels Lust und/oder Zeit. Deshalb schaut sich die heutige Jugend lieber Bilder oder Videos an. Das ist nicht nur angenehmer fürs Auge, sondern geht natürlich auch viel schneller. Innerhalb von ein paar Sekunden ist die heutige Jugend über ein Thema im Bild. Zumindest glaubt sie das. Und wenn sie selber etwas zu sagen hat oder sich untereinander austauschen will, so tut sie dies eben auch mit Bildern und Filmli. Über Emoji bespickte Chats via Whatsapp oder über Snapchats, Instagram-Posts und Instastories oder Youtube-Videos – die gemäss Media Use Studie beliebtesten Kanäle der Jugendlichen halt.

Nur logisch, dass die heutige Jugend einen Blog viel zu kompliziert, schwerfällig und ermüdend findet, wenn sie überhaupt in Betracht ziehen würde, einen Blog zu lesen. Ganz abgesehen davon, dass die heutige Jugend in der Tat kaum mehr wissen kann, was ein Blog ist, denn Blogs gibt es – je nach Definition schon mehr als über 20 Jahre lang. Zwei Jahrzehnte sind in der heutigen schnelllebigen Zeit eine Ewigkeit und deshalb können wir der heutigen Jugend auch keinen Vorwurf machen, dass sie die beliebten und gängigen Plattformen von uns „Silver Surfern“ – so wie unsere Generation genannt wird – nicht mehr kennen.

Die Bedeutung der Blogs

Blogs gibt es also seit über 20 Jahren und – entgegen einer an der Konferenz aufgestellten Behauptung – verlieren sie nicht an Bedeutung! Im Gegenteil – ich behaupte sogar: Der Blog ist tot. Hoch lebe der Blog! So sehe ich das und zwar aus folgenden Gründen:

Ein Bedürfnis: Blogs haben ihre langjährige Zielgruppe

Allen voran der wichtigste Pluspunkt für Blogs: Sie befriedigen ganz offensichtlich ein Bedürfnis, denn die Leserzahlen sprechen für sich. Es gibt eine wichtige, kaufkräftige und kritische Zielgruppe von Menschen zwischen plusminus 30 und 45 Jahren, die Blogs lesen, sich von Bloggern inspirieren lassen und den Empfehlungen von Bloggern vertrauen. Eltern sind in dieser Zielgruppe überdurschnittlich oft vertreten. Dies ist seit Jahren so und wird sich auch in den nächsten Jahren kaum verändern. Andere Social Media Kanäle müssen ihre Langlebigkeit erst unter Beweis stellen.

Tiefgründiger: Blog-Content is King

Es ist unbestritten: Authentische, kreativ umgesetzte Inhalte stehen mehr denn je im Vordergrund. Wir Blogger sind der Überzeugung, dass ehrliche Geschichten und glaubwürdige Botschaften auf einem eigenen Blog ausführlicher, tiefgründiger und für die Leserinnen und Leser nachvollziehbar erzählt und transportiert werden können als dies je in einer Instagram-Caption erreicht werden kann.

Nachhaltiger: Blog-Inhalte sind für die Ewigkeit gedacht

Interessierten Leserinnen und Leser stehen Blog-Inhalte auch Jahre nach Veröffentlichung im Internet zur Verfügung. Auch können Leserinnen und Leser einfach und gezielt nach spezifischen Blogbeiträgen suchen – etwas, was für Content, der via Snapchat, Instagram oder Facebook publiziert wurde, viel komplizierter, wenn nicht sogar unmöglich ist.

Unabhängiger: Ein Blog gehört dem Blogger

Ein Blog ist ein unabhängiges Medium. Ein Blog ist ein kleiner Verlag, der alleine dem Blogger gehört. Er ist nicht abhängig von den Machenschafen von Facebook oder Instagram. Der eigene Blog-Content erreicht seine Leserinnen und Leser unabhängig vom willkürlichen Algorrhytmus von Instagram und Facebook. Ein Blog existiert auch dann, wenn Instagram oder Facebook ihren Dienst von heute auf morgen einstellen würden.

Relevanz vor Reichweite: Ein Blog setzt nicht auf Followers oder Likes

Ein Blog verzeichnet vielleicht nicht Hunderttausend Leserinnen und Leser und definiert sich schon gar nicht über die Anzahl Likes pro Beitrag. Dafür trumpft der Blog mit echten Leserinnen und Leser, die sich über engagierte Kommentare mit einem Thema auseinander setzen. Die sogenannte Engagement-Rate ist bei einem Blog sehr hoch, die Leserinnen und Leser identifizieren sich seit Jahren mit dem Blogger, seinen Werten und seinen Inhalten, die Leserinnen und Leser sind sehr involviert und oftmals auch sehr kritisch – was eine noch interessantere, differenziertere Auseinandersetzung mit dem Thema ermöglicht.

Wichtige Trichterfunktion: Blogs triagieren Informationen und Erfahrungen

Die Informationsflut wird weiter zunehmen. Wir brauchen für die Triage von Informationen einen Filter oder einen Trichter, dem wir vertrauen und mit dem wir uns identifizieren können. Blogger als Vermittler von authentischem und nutzbringendem Content innerhalb einer Zielgruppe wird es in Zukunft erst recht brauchen. Inspiration und Bespassung über Social Media werden alleine auf lange Frist nicht mehr ausreichen. Gefragt werden je länger je mehr vertrauenswürdige Informationen und Erfahrungen von Menschen, denen wir wirklich vertrauen können und mit denen wir uns seit Jahren identifizieren.

Dies sind aus meiner Sicht die wichtigsten Aspekte, welche die Bedeutung und das Potenzial von Blogs auf den Punkt bringen. Was meint ihr dazu? Welche anderen Vorteile haben Blogs? Wem kommen weitere in den Sinn, mit welchen ich die Liste ergänzen könnte?

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